„Wir befinden uns im Jahre 50 v.Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.“ *
Die PM Camper erinnern schon ein bisschen an die unbeugsamen Gallier. Sie versuchen die Themen Augenhöhe, (ehrlichen) Austausch und Wertschätzung in einer Branche zu leben, die bei Außenstehenden für ihren Zeitdruck, mangelnde Kommunikation und die permanente Selbstdarstellung der eigenen Projektmanagerqualitäten bekannt ist.
Genau diese Gegenbewegung hat das PM Camp populär gemacht und beschert ihm und allen Ablegern großen Zulauf. Die meisten Teilnehmer nehmen die Devise „Keine blöde Werbung“ (Zitat Roland Dürre) sehr ernst und das ist angenehm. Es fehlt die Marktschreierei anderer Konferenzen, bei denen alle Teilnehmer suggerieren, sobald Du meine [XXX] – (Produkte, Dienstleistungen, Beratung, Erfahrung…beliebiges kann eingefügt werden) – hast, werden Deine Projekte perfekt funktionieren. Natürlich findet auch auf dem PM Camp Kundenakquise statt, aber sie verdrängt nicht den Austausch zwischen den Teilnehmern.
Auch dieses Mal waren wieder interessante Denkanstöße dabei, die man so auf den klassischen Projektmanagement-Veranstaltungen nicht findet.
Gebhard Borck sorgte mit seiner teilimprovisierten Keynote nicht nur für gute Laune beim Publikum, er plädierte auch für eine dezentralisierte Entscheidungskultur in Unternehmen, die sich komplexen Herausforderungen stellen müssen. Die Kurzfassung des Vortrags gibt es auf YouTube.
Auch die Keynote am zweiten Camptag war bemerkenswert. Das Thema Burnout und Stressmanagement beschäftigt derzeit sehr viele Projektmanager (deshalb führen wir ja auch gerade die InLoox-Umfrage zur Work-Life-Balance durch). Dennoch wird es auf den klassischen PM-Konferenzen eher ausgespart. Die psychologische Psychotherapeutin Dr. Melanie Kaiser berichtete aus der Behandlungspraxis von Burnout-Patienten und plädierte für einen achtsameren Umgang mit den Signalen des eigenen Körpers.
Die ganze Präsentation gibt es auf Open PM.
In Erinnerung geblieben ist auch die Domino-Session mit Peter Addor, der zwei Gruppen im Wettbewerb gegeneinander am Projekt Dominobau arbeiten ließ. Das Resümee: Ohne eine vorherige Einigung auf eine Methode oder einen Projektleiter konnten beide Teams das Bauwerk in der geforderten Zeit fertigstellen. (Dass die Umsetzung bei beiden Gruppen nicht perfekt war, verschweigen wir an dieser Stelle.)
Und wir konnten in der Session „Tägliche Tools und Apps“ nur staunen, wie viele verschiedene Tools und Apps in der täglichen Arbeitsorganisation zum Einsatz kommen. Unser Fazit: Fast alle Anwesenden nutzen Outlook zur täglichen Selbst- und Teamorganisation. Und: Wir sind froh, dass uns mit InLoox PM der Tooldschungel weitestgehend erspart bleibt.
Doch nach drei Jahren PM Camp stellt sich die Frage: Wie kann man die Ideen und Werte der PM Camps hinaustragen aus dem gallischen Dorf in die „echte“ Welt? Wie lassen sich die Differenzen überbrücken zwischen…
- Idealismus & Realismus
- Theorie & Praxis
- Komplexität & Handhabbarkeit?
Viele PM Camper scheinen diese Fragen in diesem Jahr besonders stark zu beschäftigen. Es ist wohl an der Zeit, nicht nur „Beyond Project Management“ zu denken, sondern auch „Beyond PM Camp“. Wie kann der Brückenbau vom PM Camp hinein in den Projektalltag der Teilnehmer gelingen? Mit dieser Leitfrage im Hinterkopf freuen wir uns auf hoffentlich viele weitere spannende PM Camps.
* R. Goscinny/A. Uderzo: Asterix, Egmont Ehapa Verlag.