Die 5 Axiome der Kommunikation nach Watzlawick beschreiben Aspekte, die bei jeglicher Form des zwischenmenschlichen Austauschs eine bedeutende Rolle spielen.
Die 5 Axiome nach Watzlawick: So gelingt Kommunikation im Projektteam
Timo Gerhardt, Mittwoch, 27. Juli 2022 | Lesedauer: 11 min.Inhalt
- Axiom 1: Man kann nicht nicht kommunizieren
- Axiom 2: Der Inhalts- und Beziehungsaspekt
- Axiom 3: Prägung durch Interpunktion der Kommunikationsabläufe
- Axiom 4: Digitale und analoge Modalitäten
- Axiom 5: Symmetrie und Komplementarität von Beziehungen
Verbesserte Projektkommunikation durch die 5 Axiome von Watzlawick
Kommunikation begleitet uns im Alltag, im beruflichen und privaten Kontext, in direkter, persönlicher Interaktion mit anderen oder digital. Da Kommunikation für uns etwas Alltägliches und beinahe selbstverständlich ist, vergessen wir oft, dass es sich dabei um einen komplexen Vorgang handelt.
Wenn wir mit Kollegen oder Freunden interagieren, setzen wir häufig voraus, dass derjenige das versteht, was wir ausdrücken wollen. Die Realität sieht aber oft anders aus: Der Sender einer Nachricht verschlüsselt seine eigene Aussage, indem er diese in Worte fasst. Der Empfänger wiederum muss diese Nachricht entschlüsseln und für sich interpretieren. Dazu kommen noch etliche Störfaktoren, die zwischen den beiden Beteiligten auftreten können. Beispielsweise kann die Qualität eines Videocalls die bloße Übertragung der verschlüsselten Nachricht beeinträchtigen.
Darüber hinaus zählt im Rahmen der Kommunikation nicht nur das, was tatsächlich gesagt wurde. Der Sender einer Nachricht sollte sich stets dessen bewusst sein, dass die Interpretation der Nachricht auch von nonverbalen Einflüssen abhängt.
Paul Watzlawick, ein österreichischer Kommunikationswissenschaftler, fasst diese Einflüsse unter seinen 5 Axiomen der Kommunikation zusammen. Diese geben Aufschluss darüber, inwiefern sprachliche Kommunikation durch Gefühle und zwischenmenschliche Beziehungen beeinflusst wird. Folglich kann anhand der Axiome erklärt werden, wie es bei Kommunikation zu Missverständnissen und Konflikten kommt. Wenn man sich stets der Existenz dieser Axiome bewusst ist, lassen sich zwischenmenschliche Interaktionen besser handhaben.
Auch im Projektkontext ist Kommunikation ein kritischer Faktor für den Erfolg. Treten Missverständnisse oder falsche Auffassungen von Informationen auf, so kann dies im schlimmsten Fall sogar den erfolgreichen Abschluss des Projekts gefährden. Das Bewusstsein über die 5 Axiome der Kommunikation kann dabei helfen, sowohl die projektinterne Kommunikation, als auch die Interaktionen mit dem Projektumfeld bewusst zu steuern. Es kann bewirken, dass Nachrichten im Sinne des Empfängers aufgefasst werden und somit für eine höhere Effizienz und eine geringere Informationsasymmetrie im Projektteam sorgen.
Axiom 1: Man kann nicht nicht kommunizieren
Auch wenn Menschen Gesprächen aus dem Weg gehen und verbale Äußerungen vermeiden, so kommunizieren sie dennoch. Denn nach Watzlawick erfolgt Kommunikation nicht nur über explizit Gesprochenes, sondern auch durch Verhalten. Kommunikation ist folglich unvermeidbar, sobald man gegenüber anderen Menschen in Erscheinung tritt. Oftmals ist die Körpersprache oder die Mimik einer Person sogar aufschlussreicher als explizite Äußerungen.
Falls ein Teammitglied im Projektmeeting beispielsweise einem verbalen Austausch aus dem Weg geht, so werden der Projektleiter und die anderen Beteiligten ihre Schlüsse aus diesem Verhalten ziehen. Es scheint möglicherweise naheliegend, dass die Person schlichtweg kein Interesse an dem Projekt hat oder vertuschen will, dass seine Aufgaben nicht wie vereinbart erledigt wurden. Wie das Verhalten tatsächlich interpretiert wird, hängt schließlich auch von anderen Faktoren, wie der Körpersprache ab. Man sollte es also vermeiden, einem Gespräch vollständig aus dem Weg zu gehen und in Kauf zu nehmen, dass andere das Verhalten negativ interpretieren. Stattdessen empfiehlt es sich, die wahren Beweggründe für sein passives Verhalten offenzulegen.
Axiom 2: Der Inhalts- und Beziehungsaspekt
Das zweite Axiom besagt, dass jede Kommunikation einen Inhaltsaspekt und einen Beziehungsaspekt aufweist. Hierbei dominiert der letztere den ersten. Die Beziehung von Personen zueinander bildet einen gewissen Rahmen für die Kommunikation. Interagiert man mit einem langjährigen Freund, so sind die Erwartungen an das Gespräch andere, als bei einem ersten Treffen mit einem neuen Vorgesetzten. Bestehende Hierarchien haben hierbei vor allem Einfluss auf den Umgangston, aber auch die Auswahl der kommunizierten Inhalte.
Im Projekt bedeutet dies beispielsweise, dass sich die Kommunikation mit den Auftraggebern anders gestalten sollte als der Austausch innerhalb des Projektteams. Im Team begegnet man sich üblicherweise auf Augenhöhe und tauscht sich dementsprechend aus. Dadurch, dass der Auftraggeber Geld investiert, um vom Projektteam ein vielversprechendes Ergebnis zu erhalten, befindet sich dieser in einer übergeordneten Position. Dementsprechend respektvoll und wertschätzend sollte diesem begegnet werden. Wird dies nicht gemacht und der Auftraggeber fühlt sich nicht respektiert, so ist er weniger für tatsächliche Inhalte zugänglich und man stößt auf Reaktanz.
Des Weiteren tendieren Projektteams aufgrund der distanzierten Beziehung dazu, gegenüber Auftraggebern nur ausgewählte Informationen zu kommunizieren, während innerhalb des Projektteams im besten Fall Transparenz herrscht. Diese intentionale Informationsasymmetrie kann jedoch zu Problemen führen. Werden im Projektablauf lediglich positive Aspekte kommuniziert, um den Auftraggeber zufrieden zu stimmen, während gewisse Problematiken den Projekterfolg gefährden, entsteht ein enormes Konfliktpotenzial.
Axiom 3: Prägung durch Interpunktion der Kommunikationsabläufe
Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung. Das meint Watzlawick, wenn er behauptet, dass die Beziehung zwischen zwei Personen durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe bedingt wird. In der Praxis bedeutet das, dass eine Äußerung als Ausgangspunkt für das Gespräch dient. Alle darauffolgenden Äußerungen sind stets Reaktionen auf das Gesagte des Gesprächspartners. Eine Interaktion besteht nicht aus separaten Informationen, sondern ist ein interaktiver, kohärenter Prozess.
Konstruktive Kritik als Chance zur Weiterentwicklung ist wichtig, auch in der Projektarbeit. Jedoch ist es nicht einfach, Kritik richtig zu äußern. Kritisiert der Projektleiter ein Teammitglied im Projektmeeting, indem er ihm vorwirft, seine Aufgaben nur gleichgültig zu erledigen, hat er mit einer entsprechenden negativen Reaktion zu rechnen. Der Mitarbeitende wird sich attackiert fühlen und möglicherweise Reaktanz zeigen, indem er den Vorwurf abstreitet. Der Projektleiter hat nun wiederum die Möglichkeit, zurückzurudern, um die Situation zu deeskalieren oder dem Teammitglied zu entgegnen, um einen Streit zu initiieren.
Folglich sollten sich alle an einer Interaktion Beteiligten darüber bewusst sein, was Äußerungen beim Gegenüber auslösen und was dementsprechend zurückkommen wird. Somit lassen sich Gespräche bewusst steuern.
Axiom 4: Digitale und analoge Modalitäten
Durch das vierte Axiom drückt Watzlawick aus, dass sich Kommunikation stets digitaler und analoger Modalitäten bedient. Hierbei geht es jedoch nicht darum, ob eine Unterhaltung über moderne Kommunikationsmedien oder von Person zu Person ohne digitales Medium stattfindet, wie es die beiden Bezeichnungen vermuten lassen. Viel mehr bezeichnen digitale Modalitäten das Übertragen von expliziten Informationen auf einem eindeutigen Weg. Dem Gesprächspartner wird wenig Interpretationsspielraum überlassen. Analoge Modalitäten zeichnen sich hingegen durch eine Vielzahl möglicher Interpretationen aus. Digitale Modalitäten gelten oft sogar als Synonym für die verbale Kommunikation, analoge wiederum für die nonverbale.
Verhalten sich analoge und digitale Modalitäten komplementär, kann Kommunikation eindeutiger werden. Ist dies nicht der Fall, so können Missverständnisse entstehen.
So kann es beispielsweise dazu kommen, dass man in der Projektplanung einen eigenen Vorschlag miteinbringt und ambivalentes Feedback vom Projektleiter dazu erhält. Er lobt den Vorschlag und spricht sich für eine Umsetzung aus, jedoch wirkt er ausgehend von seiner Mimik wenig begeistert. Sein Gesichtsausdruck wirkt in den Augen des Mitarbeitenden verärgert bis enttäuscht. Die Worte des Projektleiters stimmen nicht mit seiner analogen Kommunikation überein. Dies verwirrt den Mitarbeitenden und wirft die Frage auf, ob sein Vorgesetzter wirklich hinter dem Vorschlag steht oder ob seine positiven Äußerungen einen anderen Hintergrund haben. Möglicherweise ist diese Ambivalenz aber auch auf eine Fehlinterpretation des Mitarbeitenden zurückzuführen.
Um seinem Gegenüber eine einfache Entschlüsselung der Nachricht zu ermöglichen, sollte man versuchen, digitale und analoge Modalitäten in Übereinstimmung zu bringen, um einen effizienten Austausch zu ermöglichen.
Axiom 5: Symmetrie und Komplementarität von Beziehungen
Das fünfte und letzte Axiom nach Watzlawick hängt mit dem zweiten Axiom zusammen, welches besagt, dass Kommunikation stets einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt aufweist. Die Kommunikationsabläufe sind dementsprechend entweder symmetrisch oder komplementär. Dies hängt davon ab, ob die Beziehung der Gesprächspartner im Gleichgewicht ist oder auf Unterschiedlichkeit beruht. Eine symmetrische Beziehung kommt einer Begegnung auf Augenhöhe gleich und der zwischenmenschliche Fokus liegt schließlich auf den Gemeinsamkeiten. Komplementäre Kommunikation hingegen beruht auf der Unterschiedlichkeit der Gesprächspartner. Diese manifestiert sich entweder in einer konstruktiven gegenseitigen Ergänzung oder in einem möglicherweise destruktiven Machtgefälle. Hierbei kann die Rollenverteilung kontextabhängig und somit nicht eindeutig sein: In manchen Kontexten begegnen sich Gesprächspartner auf Augenhöhe, während sich in anderen Situationen das Machtgefüge zwischen denselben Personen nicht im Gleichgewicht befindet.
Im Unternehmensalltag kommt es vor, dass sich die Hierarchie innerhalb eines Projekts von der herkömmlichen Unternehmenshierarchie unterscheidet. Mitarbeitende, die außerhalb eines Projekts auf der gleichen Hierarchieebene stehen, können im Projektkontext einem Machtgefälle gegenüberstehen. Während eine Person Teil des Projektteams ist, wurde der anderen Person die Leitung aufgrund ihrer Expertise in diesem Bereich übertragen. Auf diese Weise kann Symmetrie im Hierarchiegefüge zu einer Komplementarität werden. Ziel muss es hierbei sein, diese neue Konstellation konstruktiv zu gestalten. Der Projektleiter sollte seine neu erlangte Weisungsbefugnis dazu nutzen, das Projekt zielführend zu koordinieren, während der Mitarbeitende durch sein Know-How einen ergänzenden Beitrag zum Projekterfolg leisten sollte. Konflikte, die sich aus einer neu entstandenen Komplementarität ergeben können, sollten möglichst vermieden werden.
Letztendlich ist Kommunikation oftmals sehr viel komplexer als angenommen. Da sie auch im Projektkontext eine entscheidende Rolle spielt, sollte ein deutlich größeres Augenmerk darauf gelegt werden. Seien Sie sich als Projektleiter oder Mitarbeitender darüber bewusst, was Kommunikation – auch nonverbal – bei Ihrem Gegenüber bewirkt und passen Sie dementsprechend Ihre Äußerungen und Ihr Verhalten an. So gelingt es Ihnen, dass Kommunikation nicht ein weiteres Hindernis auf dem Weg zum Projekterfolg darstellt.