KI-gesteuerte Software wird uns automatisiert und eigenständig in der Planung, Steuerung und Optimierung von Projekten assistieren. Und was macht dann der Projektmanager?
KI & die Rolle des Projektmanagers im Jahr 2030
Carola Moresche, Dienstag, 30. Januar 2018 | Lesedauer: unbekanntFür die Blogparade des Projektmagazins zur PM Welt 2018 zur Fragestellung ‚Projektleiter 2030 – längst abgeschafft oder Schaltzentrale der digitalen (Projekt-)Welt?‘ möchte ich folgende Prognose wagen: Im Jahre 2030 werden Projekte nicht mehr von Managern gesteuert, sondern von Software. Künstliche Intelligenz wird in jeder Projektmanagement-Software automatisiert, basierend auf dem Datensatz aller mit dieser Software geplanten und ausgeführten Projekte, eigenständig das Projektmanagement übernehmen.
Das ist kein Bedrohungsszenario, sondern schon heute in vielen anderen Bereichen die komfortable Realität. Sie fragen Google nach „Jaguar“ und basierend auf Ihrem bisherigen Verhalten und dem Verhalten anderer, ähnlich „gestrickter“ Google-Nutzer, weiß es, dass Sie das Auto und nicht das Tier meinen. Sie kaufen auf Amazon das neue Album Ihrer Lieblingsband und Amazon schlägt Ihnen, basierend auf Ihrem bisherigen Kaufverhalten passende andere Bands vor. Und zeigt Ihnen auch noch, wofür sich andere Amazon-Kunden interessieren, die einen ähnlichen Geschmack haben wie Sie. Finden Sie das erschreckend oder gar bedrohlich? Sie werden mehrheitlich mit Nein antworten.
Warum also sollte Ihre Projektmanagement-Software nicht auch schon längst eigenständig das für Ihr Projektziel beste Vorgehen vorschlagen, Sie in Ihrer Arbeit unterstützen und Ihnen somit den Projektalltag erleichtern?
Die Software denkt und lenkt
Wenn der Begriff Künstliche Intelligenz fällt, denken nicht wenige an Roboter, die über kurz oder lang uns Menschen ersetzen werden. Denn schließlich stellt der Faktor Mensch das größte Risiko dar. Wir Menschen überschätzen unsere Fähigkeiten, unterschätzen Gefahr und sind sehr schlecht darin, eine einmal gefasste Meinung zu revidieren. Techniken der KI wie selbstlernende Algorithmen haben kein Ego. Sie berechnen emotionslos z.B. die beste Route durch den Feierabendverkehr oder die ideale Abseilhöhe für das Mars-Fahrzeug Curiosity.
Das lässt sich bestens für Projekte nutzen, die durch die steigende Komplexität, Schnelllebigkeit und den hohen Innovationsdruck in allen Branchen ständiger Veränderung unterworfen sind. Das Themenfeld der KI ist zwar riesig, lässt sich aber in den Techniken auf das reduzieren, was Projektmanagement im Kern ausmacht:
- Suchen
- Planen
- Optimieren
- Logische Schlüsse ziehen
In Zukunft wird jede Projektmanagement-Software anhand aller Projektdaten, die jeder Nutzer der Software durch die Eingabe von Daten zur Verfügung stellt, allgemeine Regeln ableiten können. Darauf basierend wird Ihnen die Software in der Projektplanung und -steuerung assistieren. Sie wird anhand der klassischen Parameter Zeit, Kosten und Qualität Optimierungsvorschläge machen und dem Team die effizienteste Abarbeitung der anstehenden Aufgaben vorschlagen. Sie wird die passenden Dokumente für jeden Planungsabschnitt bereitstellen und selbständig überprüfen, ob die Angaben korrekt sind.
Was macht dann der Projektmanager 2030?
Erstmal wird sich der Projektmanager wahrscheinlich nicht mehr so nennen. Denn das „Managen“ also Planen, Steuern und Optimieren übernimmt ja die Software. Die neue Namensfindung überlasse ich anderen, aber die Kernaufgaben des zukünftigen Projektmenschen werden jene sein, die wir bereits jetzt innehaben, aber teils als zweitranging ansehen:
- Konflikte lösen
- Kreativ sein
- Innovationspotenzial erkennen
- Innovationen realisieren
Das sind die Fähigkeiten, die der Mensch allen anderen Lebewesen und künstlichen Intelligenzen voraus hat. Wenn bisher das Motto „Wissen ist Macht“ gegolten hat, so wird in Zukunft Empathie, Kreativität, Flexibilität (des Denkens und Handelns) Macht sein. Denn wir werden nicht mehr mit dem Wissen, das Maschinen dank KI haben werden, konkurrieren können. Jack Ma, CEO der Alibaba Group Holding, hob am diesjährigen World Economic Forum in Davos die Notwendigkeit dieser und anderer Soft Skills hervor, um die zukünftige Generation für die neue, digitalisierte Arbeitswelt zu rüsten.
Warum sind wir noch nicht soweit?
Eine 2017 veröffentlichte, repräsentative Umfrage von PwC ermittelte, dass die Deutschen dem Thema KI sehr ambivalent gegenüberstehen. Obwohl beispielsweise 70% der Befragten zustimmen, dass KI Berufstätigen helfen wird, sich auf sinnvollere Arbeit zu konzentrieren, glauben 65%, dass KI mehr Arbeitsplätze vernichten als schaffen wird.
Nehmen Sie nun die weit verbreitete Furcht vor Transparenz im Projektmanagement dazu und Sie haben die Antwort: weil wir es (noch) nicht wollen und uns dieses Nicht-Wollen (noch) leisten können. Am PM Forum 2017 zeigte Christine Wolff, Aufsichtsratmitglied der HOCHTIEF AG und der Reformkommission für den Bau von Großprojekten diese Grafik:
In der Privatwirtschaft zeigt die globale PMI-Studie Pulse of the Profession 2017, dass 43% der Projekte ihr Budget überschreiten.
Diesen Luxus der Ressourcenverschwendung dürfen wir uns eigentlich schon jetzt nicht mehr leisten. Zuerst wird es also ein Herantasten von Mensch zur Maschine sein. Der Projektmensch wird die Vorschläge der Software genauso behandeln, wie die Vorschläge von Amazon: einige werden sofort angenommen, weil sie sehr sinnvoll sind. Andere werden nach erster Inspektion verworfen. Der Projektmensch wird zwar so der Software zeigen, was er für richtig hält. Schlussendlich aber wird die KI-gesteuerte Software immer bessere und immer zuverlässigere Vorschläge machen. Denn die schnellere Lernfähigkeit aus einem immer größer werdenden Datensatz verschafft der Software den entscheidenden Vorsprung, um allen Projektmenschen einen eindeutigen Mehrwert zu liefern: bessere Projektergebnisse.