Bild: Quinn Dombrowski via flickr, lizensiert unter CC BY-SA 2.0
Es gibt manchmal Momente, in denen die Zeit einfach nicht vergehen mag. Viele kennen das bestimmt aus ihrer Kindheit während der Sommerferien: Hatte man sich anfangs noch gefreut, einfach mal nichts tun zu müssen, so war es nach einer Weile gar nicht mehr so aufregend, keine Beschäftigung zu haben. Tritt ein solches Gefühl jedoch auch im Arbeitsalltag häufig auf, kann das durchaus problematisch werden.
Überforderung im Arbeitsalltag, die im schlimmsten Falle sogar zu einem Burnout führen kann, hat sich längst zum gesellschaftsfähigen Thema etabliert. Doch wie sieht es mit dem anderen Extrem aus? Auch Langeweile kann negative Ausmaße annehmen. Tritt sie jedoch nur ab und an auf, kann eine eintönige Situation sogar kreativitätsfördernd sein.
Was ist Langeweile?
Im Alltag werden wir ständig mit einer Flut an Informationen konfrontiert. Vor allem das Internet überschüttet uns mit Reizen. Befinden wir uns dann in einer Situation, in der dieser Informationsüberschuss plötzlich fehlt, kann dies nach einer Weile Langeweile hervorrufen.
Im Zustand der Langeweile scheint sich die Zeit endlos lange hinzuziehen. Es ist wie eine Leerlaufphase im Alltag, oder, um es mit Nietzsche zu sagen, die „Windstille der Seele“. Anfangs kann dies noch als süßes Nichtstun empfunden werden – aber je mehr man sich dann langweilt, desto mehr Unlust ruft die Monotonie hervor. Außerdem wird diese Zeit in der heutigen Gesellschaft als verloren angesehen, als nicht produktiv genutzte Zeit.
Das kreative Potenzial der Langeweile
Die besten Ideen sind meistens solche, die einem ganz unerwartet in den Kopf kommen, sogenannte Geistesblitze. Und genau dies kann auch in Situationen von Langeweile passieren. Wenn wir eintönige Aufgaben verrichten und unser Gehirn nur wenig Stimulation von außen bekommt, dann versucht es, dies in seinem Inneren zu kompensieren. Dies zeigt auch eine britische Studie aus dem Jahr 2014. Die Hälfte der Versuchsteilnehmer musste 15 Minuten lang Telefonnummern abschreiben, bevor alle Probanden ihre Kreativität bezüglich der Verwendungsmöglichkeiten von Plastikbechern unter Beweis stellen mussten. Die Gruppe mit den zwei Aufgaben brachte eine signifikant höhere Leistung als letztere. Weitere Teilnehmer, die die Telefonnummern nur lesen mussten, zeigten sogar noch bessere Ergebnisse.
Langeweile kann also manchmal auch kreativitätsfördernd sein. Schließlich kann man auch nicht rund um die Uhr kreativ sein, sondern es braucht ein Gegengewicht dazu. Die Psychoanalytikerin Ursula Kreuzer-Haustein fasst das so zusammen: „Wenn wir Langeweile tolerieren, dann entsteht eine Situation, in der wir uns treiben lassen. Alles ist im Fluss. Daraus kann sich etwas Interessantes entwickeln. Das ist bei Kindern schön zu beobachten. Sie langweilen sich und kommen dann plötzlich darauf, was sie gern tun wollen. So gesehen, hat Langeweile ein sehr kreatives Potenzial.“ (Quelle).
Boreout statt Burnout
Während kurzfristige Langeweile noch positiv sein kann, so wirkt sie sich längerfristig gesehen schädigend auf unsere Gesundheit aus – im Extremfall als Boreout. Dieser Begriff wurde 2007 von Philippe Rothlin und Peter Werder mit dem Buch „Diagnose Boreout“ geprägt. Im Gegensatz zum „Ausbrennen“ bezeichnen Boreout ein „Auslangweilen“, die Symptome sind jedoch sehr ähnlich: Müdigkeit, Lustlosigkeit, Erschöpfung, Stress. Zu wenig Auslastung steht im Widerspruch zu den Zielen einer Leistungsgesellschaft, immer mehr in immer kürzerer Zeit zu schaffen. Chronisch Unterforderte fangen an, Aufgaben hinauszuzögern oder sogar vorzutäuschen, aus Angst den Arbeitsplatz zu verlieren. Im Gegensatz zu faulen Mitarbeitern empfinden sie den Leerlauf-Zustand als unbefriedigend und leiden darunter. Aus Angst vor Veränderung (Kündigung oder Gekündigt-Werden, weil sie sich überflüssig gemacht haben), verbleiben sie dennoch im aktuellen Job. Eine klassische Exit-Strategie ist in diesen Fällen jedoch die innere Kündigung.
Es stellt sich nun die Frage, wie das Problem Boreout angegangen werden kann – und wieder einmal heißt die Lösung klare Kommunikation. Und zwar am besten so früh wie möglich, denn sonst ist der Teufelskreis nur schwer zu durchbrechen: Warum meldet der Mitarbeiter dem Vorgesetzten erst nach einem halben Jahr, dass er eigentlich unterfordert ist? Anschließend können Aufgaben von anderen umverteilt und delegiert werden, um die Auslastung der Mitarbeiter gleichmäßiger zu gestalten. Zudem kann die verfügbare Zeit genutzt werden, Weiterbildungsangebote in Anspruch zu nehmen, wovon beide Seiten profitieren können: sowohl das Unternehmen, als auch der Angestellte.
Fazit
Langeweile kann die Fantasie beflügeln, aber auch krank machen. Und trotzdem braucht es die Abwechslung zwischen Über- und Unterforderung, um zuerst eine herausfordernde Arbeit leisten und sich anschließend durch eine weniger aufwendige Tätigkeit erholen zu können. Tritt Langeweile in Ihrer Freizeit auf, so können Sie lernen, die Situation als Zeit für sich selbst zu nutzen. Suchen Sie im Arbeitsalltag jedoch das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten, falls Sie sich ständig unterfordert fühlen.