Projekte der öffentlichen Verwaltung - Teil 1: Besonderheiten und Herausforderungen

Timo Gerhardt, Dienstag, 25. Juli 2023 | Lesedauer: 5 min.

Durch den intensiven Einsatz von Steuergeldern bringen Projekte der öffentlichen Hand ein hohes allgemeines Interesse mit sich. Häufige Fehlschläge in diesem Bereich sorgen für reichlich Kritik. Diese kann aber weitestgehend vermieden werden. 

Die Besonderheiten von Projekten der öffentlichen Verwaltung

Unsere Welt befindet sich in einem ständigen Wandel. Megatrends wie die Urbanisierung oder die Digitalisierung verlangen eine stetige wesentliche Veränderung. Diese findet nicht nur in der Privatwirtschaft statt, sondern muss ebenso von Seiten der öffentlichen Verwaltung Beachtung finden. Politische Entscheidungsträger geben eine Richtung bei der Transformation vor und es liegt schließlich an der öffentlichen Verwaltung, diese umzusetzen. Anders als in der Wirtschaft werden derartige Projekte nicht etwa durch realisierte Gewinne oder aufgenommenes Fremdkapital finanziert. Sondern es kommen Steuergelder zum Einsatz. Die Projekte werden durch finanzielle Mittel der Bevölkerung ermöglicht. Dieser Umstand führt zu folgenden Besonderheit:

1.      Das hohe allgemeine Interesse an Projekten der öffentlichen Hand

Da sich Projekte der öffentlichen Verwaltung aus staatlichen Mitteln finanzieren, haben die Bürger des Landes ein berechtigtes Interesse daran. Ein Fehlschlag oder eine deutliche Budgetüberschreitung, wie sie beispielsweise beim Flughafen BER zu beobachten war, wird von der Bevölkerung als Verlust wahrgenommen und führt zu Unmut. Aufgrund des hohen allgemeinen Interesses finden Projekte der öffentlichen Hand auch eine vergleichsweise hohe mediale Beachtung. Mögliche Unregelmäßigkeiten werden häufig schnell von Journalisten aufgedeckt und publik gemacht. Dementsprechend stehen nicht nur die Entscheidungsträger, sondern auch die Projektverantwortlichen unter Druck der Öffentlichkeit. Eine gewissenhafte, transparente und vor allem realistische Planung gewinnt somit an Bedeutung. Die Nähe der Planung zur Wirklichkeit führt zur nächsten Besonderheit von öffentlichen Projekten:

2.      Die Tendenz zu knappen Kalkulationen

Öffentliche Projekte, wie beispielsweise der Bau eines neuen Autobahnabschnitts, müssen eine Genehmigung erhalten, damit sie in der Folge realisiert werden können. Um diese zu erhalten, sollte das Projekt möglichst attraktiv – also möglichst kostengünstig - erscheinen. Außerdem haben sich öffentliche Institutionen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit unterzuordnen (§7 Abs. 1 BHO). Für die Ausführung von Arbeiten müssen also stets Ausschreibungen durchgeführt werden. Da der kostengünstigste Anbieter den Zuschlag erhält, wird auch hier bewusst knapp kalkuliert. Eine überaus optimistische Kalkulation ist also häufig eine zentrale Eigenschaft öffentlicher Projekte.

3.      Mangelnde Expertise

Projekte öffentlicher Institutionen sind keinesfalls eine Seltenheit. Zu jedem Zeitpunkt laufen Projekte, die durch öffentliche Gelder finanziert werden. Dennoch fehlt häufig die Expertise im Management von derartigen Projekten. Der Grund dafür ist, dass derartige Projekte dezentral organisiert und durchgeführt werden. Einzelne Dienststellen haben dabei häufig relativ wenig Erfahrung und eine überschaubare Fach- und Projektmanagement-Kompetenz. Dies kommt als erschwerender Faktor hinzu.

4.      Die Existenz von Zielkonflikten

In der Privatwirtschaft ist die grobe Zielvorgabe in den meisten Fällen relativ eindeutig. Projekte werden durchgeführt, um einen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele zu leisten. In einem komplexen politischen Umfeld, in dem öffentliche Projekte umgesetzt werden, ist dies nicht so einfach. Die Interessen vieler Anspruchsgruppen müssen aufeinander abgestimmt werden. Manchmal wird sich auf einen Kompromiss geeinigt. Oft finden jedoch gewisse Interessen keine Berücksichtigung. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Debatte zu Windrädern für die Stromerzeugung. Politische Entscheidungsträger möchten damit beispielsweise eine energetische Unabhängigkeit oder einen umweltfreundlicheren Strommix bewirken. Einige Anwohner von potentiellen Standorten von Windrädern wollen hingegen oft das Landschaftsbild bewahren. Beide Interessen gleichermaßen zu erfüllen, ist oft kaum möglich.

 

Obwohl es eine Vielzahl von Überschneidungen mit privatwirtschaftlichen Projekten gibt, weisen jene der öffentlichen Hand einige spezifische Charakteristika auf. Grundsätzlich unterscheiden sich die Anspruchsgruppen stark. Schließlich haben auch Steuerzahler, der Gesetzgeber, die politische Opposition und weitere Gruppen ein berechtigtes Interesse. Neben den genannten Ausschreibungen unterliegt die Verwaltung weiteren Vorschriften und Richtlinien, die das Projektteam gewissermaßen einschränken. Weiter ist die politische Relevanz und der Einfluss politischer und medialer Interessensvertreter nicht zu vernachlässigen. Und selbst die Definition eines klaren Ziels wird hier oft schon zur Herausforderung.

Wie diesen Herausforderungen am besten zu begegnen ist, hat die deutsche Bundesregierung in einem Praxisleitfaden festgehalten. Im 2. Teil unserer Serie lesen Sie dazu mehr.

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