Ungereimtheiten können dazu führen, dass Projekte nicht vom ursprünglichen Projektmanager abgeschlossen werden. Folgender Plan hilft dabei, die Übergabe eines Projekts möglichst nahtlos zu gestalten.
Projektübergabe: 7 Schritte, um Projekte nahtlos zu übernehmen
Timo Gerhardt, Dienstag, 11. Oktober 2022 | Lesedauer: 9 min.Das Ausscheiden des Projektleiters als zentrales Problem
Wer die Projektleitung für ein anstehendes Projekt auswählt, sollte dabei sehr sorgfältig vorgehen. Neben fachlichen Kompetenzen, die jemanden für diese Aufgabe qualifizieren, sollte diese Person eine ganze Reihe sozialer Skills aufweisen, die ein Team-Lead benötigt. Nicht zuletzt spielt aber auch Zuverlässigkeit eine entscheidende Rolle. Zum Zeitpunkt der Team-Zusammenstellung sollte sich vergewissert werden, dass die Projektleitung während des gesamten Projekts mit vollem Engagement und Einsatz zur Verfügung steht.
Aber selbst bei größter Sorgfalt kann das Risiko, dass jemand beispielsweise krankheitsbedingt das Projektteam verlassen muss oder vom Management für ein vermeintlich bedeutenderes Projekt abgezogen wird, niemals vollständig vermieden werden. Durch eine sorgfältige Auswahl des Projektmanagers kann somit zwar das Ausfallrisiko begrenzt, aber niemals vollständig ausgeschlossen werden.
Sollte es also zu einem Ausfall des Projektmanagers kommen, wird in der Regel nicht das Projekt abgebrochen, sondern es wird eine neue Person für die Leitung eingesetzt. Dieser Wechsel ist keineswegs trivial. Schließlich sind Projekte komplexe Konstrukte, deren Planung und Ausführung dem Projektmanager unterliegt. Dieser hat individuelle Ansichten, Vorgehensweisen und Prinzipien, die häufig nicht vollständig mit dem Nachfolger kompatibel sind. Folglich wird ein gegenseitiger Anpassungsprozess nötig. Der neue Projektleiter passt sich dem Projekt an und umgekehrt. Wie Sie dies in der Praxis am besten umsetzen können, zeigen wir anhand dieser 7 Schritte:
Inhalt
- Eine umfassende Übergabe
- Sich mit dem Projektteam arrangieren
- Den Projektbeginn gedanklich durchspielen
- Die Bewertung des Projektplans
- Die Frequenz der Teammeetings anpassen
- Ein eigenes Risikomanagement
- Adaptives Handeln
1. Eine umfassende Übergabe
Was für viele selbstverständlich bei der Übergabe von Projekten, Aufgaben oder Verantwortlichkeiten erscheint, wird in der Praxis häufig nicht richtig oder nur halbherzig erledigt. Oft werden dem neuen Verantwortlichen nur die Dokumente, die sich während des bisherigen Ablaufs angesammelt haben, in die Hand gedrückt, manchmal begleitet durch erläuternde Worte. Mit diesen wird der neue Projektleiter dann schließlich allein gelassen. Klassischerweise handelt es sich hierbei also um einen sehr einseitigen Prozess. Dies ist jedoch nicht optimal.
Der neue Projektleiter übernimmt mit dem Projekt auch die Verantwortung für den Erfolg von diesem. Folglich sollte er selbst danach bestrebt sein, alle Informationen von seinem Vorgänger zu erhalten, die er selbst als wichtig erachtet. Nach Erhalt der Unterlagen sollte er diese auf Vollständigkeit prüfen und sorgfältig lesen, um bei der nächsten Besprechung mit dem Vorgänger Unklarheiten durch gezieltes Fragen aus dem Weg räumen zu können. Er sollte sich in diesem Zuge ebenso über das Team und die Kompetenzen der einzelnen Mitglieder informieren. Auch die Meilensteine, die Erwartungen der Stakeholder und weitere wichtige Aspekte sollten abgeklärt werden.
Der vorherige Projektleiter ist die wichtigste und ergiebigste Informationsquelle, die Sie im Rahmen des Projekts erhalten. Nutzen Sie diese so gut wie möglich, um das Projekt auf den richtigen Weg bringen zu können. Eine passende Projektmanagement-Software wie InLoox kann die Übergabe deutlich erleichtern und die Informationsasymmetrie minimieren.
2. Sich mit dem Projektteam arrangieren
Das Projektteam ist der wohl ausschlaggebendste Faktor für den Erfolg eines Projekts. Folglich ist es essentiell, als Projektleiter das Team auf seiner Seite zu haben. Dies ist bei der Übernahme eines Projektteams nicht immer einfach. Geschieht diese nämlich gegen den Willen des Teams, so hat man als neuer Leiter oft nicht den einfachsten Stand. Auch die grundsätzliche Stimmung leidet oft unter einem derartigen Umbruch im Projekt.
Hier ist Empathie beim Projektleiter gefragt. Er hat zu klären, wo er beim Team steht und welchen Stellenwert das Projekt bei den Mitgliedern hat. Ausgehend davon kann er durch offene Kommunikation bewirken, dass die individuellen Ziele der Mitarbeitenden mit den Projektzielen in Einklang gebracht werden. So ziehen letztendlich alle Beteiligten an einem Strang und das Projektziel erscheint nun greifbar.
Außerdem ist es sinnvoll, bei der ersten Begegnung mit dem Team den vorherigen Projektleiter miteinzubinden. Der erste Eindruck zählt. Deshalb kann es zielführend sein, vom Vorgänger positiv im Team angekündigt zu werden. Dieser sollte den Mitgliedern versichern, dass das Projekt trotz des Führungswechsels in sicheren Händen ist.
3. Den Projektbeginn gedanklich durchspielen
Versetzen Sie sich gedanklich nochmal an den Beginn Ihres Projekts. Evaluieren Sie selbst, welche Projektanforderungen gegeben sind, welche Ressourcen zur Verfügung stehen und welche anderweitigen Bedingungen vorherrschen. Erstellen Sie dementsprechend Ihren eigenen Plan und spielen Sie diesen gedanklich durch.
So kann schließlich ein Vergleich zwischen Ihrem Plan und der tatsächlichen Umsetzung gezogen werden. So wird einerseits deutlich, was bei der Durchführung des Projekts nach Ihrem Verständnis zu knapp kam. Hier sollte schließlich bei Bedarf nachgebessert werden. Andererseits finden Sie möglicherweise auch sinnvolle Elemente, die Sie in Ihrer Planung nicht berücksichtigt haben. Somit können Sie aus diesem Vergleich lernen und einen anderen Blickwinkel auf das Projekt einnehmen.
4. Die Bewertung des Projektplans
Nachdem Sie nun den bisherigen Projektablauf Revue passieren lassen haben, gilt es nun, sich mit dem weiteren Plan zu befassen. Hierbei sollte die Planung des Vorgängers sorgfältig evaluiert werden. Es ist Zeit zu prüfen, ob die Aufgaben sinnvoll angeordnet und aufeinander abgestimmt sind. Kontrollieren Sie, ob die Ressourcen möglichst effizient eingesetzt werden und ob die Aufgaben den Kompetenzen der zugeteilten Mitarbeitenden entsprechen.
Dieser Schritt kann als Startpunkt Ihrer Leitung des Projekts betrachtet werden. Spätestens hier sollte bei Bedarf interveniert werden, um einen möglichst soliden Projektplan als Ausgangspunkt zu haben. Für diesen müssen Sie als Projektmanager volle Verantwortung übernehmen können. Ein Abwälzen von möglichen Unzulänglichkeiten auf den früheren Projektleiter ist ab diesem Punkt ausgeschlossen.
5. Die Frequenz der Teammeetings anpassen
Jeder Projektmanager legt einen anderen Führungsstil an den Tag. Es ist nicht Ihre Aufgabe, das Führungsverhalten Ihres Vorgängers zu adaptieren. Stattdessen sollten Sie Ihren eigenen Führungsstil anwenden, unter Rücksicht auf die jeweilige Führungssituation und die Teamkonstellation.
Abhängig vom Führungsstil ist schließlich auch die Kollaboration im Team. Bei einem autoritären Führungsstil ist eine ständige Kontrolle und eine intensivere Kommunikation von größerer Bedeutung als beispielsweise bei einer delegativen Führung.
Dementsprechend sollten Sie auch die Frequenz der Teammeetings so anpassen, dass sie einerseits Ihrem individuellen Führungsstil gerecht wird und andererseits den Bedürfnissen des Projekts und der Teammitglieder entspricht.
6. Ein eigenes Risikomanagement
Da Sie mit der Übernahme der Projektleitung auch die Verantwortung für das Projekt übernehmen, sollten Sie sich einen Überblick über die Risiken verschaffen. Üblicherweise sollten bereits Risiken ausfindig gemacht und beurteilt worden sein, bevor Sie das Projekt übernommen haben. Um aber böse Überraschungen im weiteren Projektablauf abzuwenden, empfiehlt es sich, selbst eine Liste mit Risiken und entsprechenden Maßnahmen zu erstellen - schließlich sind Sie selbst nun in der Verantwortung.
7. Adaptives Handeln
Die wesentlichen Schritte, die für eine erfolgreiche Übergabe eines Projekts befolgt werden müssen, wurden somit bereits absolviert. Jedoch ist nicht jedes Projekt gleich und somit kann auch die Projektübergabe nicht als standardisierte Checkliste abgearbeitet werden. Seien Sie also als Projektmanager aufmerksam und berücksichtigen Sie die Besonderheiten des Projekts, des Umfelds und des Teams.
Sorgen Sie dafür, dass Sie sich selbst bestmöglich im Projektteam einfinden und setzen Sie die richtigen Prioritäten. So kann Ihr Projekt trotz Änderungen in der Führung zum vollen Erfolg werden!